Das Berlin Kultgetränk „Mampe“
Vor 185 Jahren wurde der Grundstein für ein Berliner Original gelegt. Jetzt soll der Likör die deutsche Hauptstadt zurückerobern.
„Keep it clean and tidy, bring it back on friday!“, mit dieser barschen Anweisung wurde der 30-jährige David Bowie als menschliche Litfaßsäule engagiert und in die „Mampe Halb & Halb“-Flasche gesteckt, um im Berlin der 1920er Jahre Werbung für den Bitterlikör zu machen. Natürlich alles nur im Film – „Schöner Gigolo, armer Gigolo“ hieß dieser und ging 1978 bei den Kritikern unter. Heute ist er dagegen Kult. Genau wie die Marke, die Bowie im Film bewarb: Mampe. In den 1920er Jahren war der Kräuterlikör bereits eine feste Institution in Berliner Kneipen und ist bis heute ein echtes Berliner Original. Obwohl die Erfolgsgeschichte 150 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt begann.
Der Sanitätsrat Dr. Carl Mampe tüftelte 1831 im pommerschen Stargard, brachte Alkohol und Kräuter zusammen, um so ein Mittel gegen die um sich greifende Cholera zu finden. Er erfand die „Bitteren Tropfen“, die prompt als Medizin in Apotheken verkauft wurden. Der Magenschnaps half zwar nicht gegen die Infektionskrankheit, avancierte landesweit dennoch zum Kassenschlager.
Zu Lebzeiten übergab Carl Mampe Senior das geheime Rezept an seine beiden Stiefbrüder Carl Junior und Ferdinand Johan, die sich erfolgshungrig zerstritten, zwei eigenständige Mampe-Firmen gründeten und für die kommenden hundert Jahre miteinander konkurrieren sollten. Ferdinand Johan gründete im Heimatort Stargard 1835 die Firma „F.J. Mampe“. Knapp zwei Jahrzehnte später, 1852, legte Carl Junior den Grundstein für den Erfolg von Mampe Berlin. Zunächst auch in der preußischen Provinz – In Köslin stand die erste Fabrik der späteren „Carl Mampe AG“ und brannte Schnapsvariationen.
Ein echtes Berliner Original wurde Mampe erst mit dem Umzug 1877. Berlin, damals florierende Hauptstadt des jungen Kaiserreichs, wurde zum Dreh- und Angelpunkt der Firmengeschichte. Hier entwickelte Carl Junior 1894 das Aushängeschild der Marke: „Mampe Halb & Halb“, ein Likör aus Bitterorangen und 130 Kräutern. Halb süß, halb herb. Und so gut, dass er auf der Weltausstellung 1904 prompt den Grand Prize gewann. Mampe Berlin war zur Jahrhundertwende bereits eine Weltmarke.
Doch die Bekanntheit von Mampe wurde noch weiter gesteigert: „Mampes Gute Stuben“, die firmeneigenen Gaststätten, versorgten in den 1920er Jahren ganz Berlin, aber auch Frankfurt am Main oder Leipzig mit dem berühmten „Halb & Halb“, Gin oder Wodka.
Die berühmteste „Gute Stube“ lag am Ku’Damm in Berlin, eröffnet 1917. Hier traf man sich, um zu plaudern, vor allem wohl aber um zu trinken. Und die Stube war bei den Künstlern beliebt: Kurt Tucholsky soll hier ein- und ausgegangen sein, der österreichische Schriftsteller Joseph Roth beendete hier seinen weltbekannten Roman „Radetzkymarsch“.
Der Mampe Elefant war schon seit den 1920er Erkennungsmerkmal von Mampe Berlin, nach dem Krieg aber 1952 erst wieder eingetragenes Markenzeichen. Der weiße Elefant auf roten Untergrund, das war und ist Mampe und ein „Logo, das man sich heute nicht besser ausdenken könnte“, meint der aktuelle Geschäftsführer der Mampe GmbH, Tom Inden-Lohmar. Der Mampe Elefant, der als weißer Plastikelefant auch traditionell an jedem Mampe-Flaschenhals baumelte, war damals so beliebt, dass Patenschaften für zwei im Zoo ansässige Tiere übernommen wurden: Carl und Mampe. Beide waren Teil von Mampes kultigen Werbeaktionen.
Besonders der Sportförderung widmete sich der Likörfabrikant in den 1970er Jahren und ließ Fußball-Bundesligist Hertha BSC den Elefanten aufs Trikot drucken. Zum Legendenstatus trug auch Mampes Motorsport-Engagement bei: Deutsche Rennfahrerikonen fuhren mit der Unterstützung des Sponsors Mampe zu Rennsiegen. So kam es auch nicht selten vor, dass sich die komplette Mampe Werbeabteilung – die Elefanten Carl und Mampe, Spieler des Hertha BSC und die Rennwagen des Mampe Racing Teams – vor der „Guten Stube“ am Ku’Damm ein Stelldichein gab.
In den 1980er Jahren verlor die erfolgsverwöhnte Marke jedoch mehr und mehr an Bedeutung: Erst machten die Mampe-Stuben dicht, später flog auch der Bitterlikör aus den Eckkneipen und dem Einzelhandel. Das Traditionsunternehmen schien in Vergessenheit zu geraten. Anfang der 2000er Jahre wurden nur noch etwa 10.000 Flaschen deutschlandweit vertrieben. „Halb & Halb“ war nur noch Urberlinern ein Begriff.
Doch das soll sich mit der Gründung der Mampe GmbH ändern. Tom Inden-Lohmar übernahm die brachliegende Kultmarke 2012 mit seinem Partner, krempelte einige Sachen gehörig um und reduzierte das Sortiment drastisch auf insgesamt fünf Produkte. Der „Halb & Halb“ ist auch wieder dabei. Jetzt produziert Mampe etwa 60.000 Flaschen im Jahr – kein Vergleich zu der Massenproduktion des vergangenen Jahrhunderts. Das Konzept funktioniert dennoch: Im Oktober eröffnete „Mampes Neue Heimat“ im Bergmannkiez. Inden-Lohmar und sein Team bieten Führungen und Mampe-Verkostungen an, ein Museum zeigt die Geschichte der Marke. Auch ein Teil der Produktion soll zurück nach Berlin gelagert werden. Denn der neue Slogan des Werbefachmanns Inden-Lohmar ist Programm: „Keiner für alle. Nur für Berlin.“. Auch deshalb bekommt man Mampe nur in Berlin. Und daran soll sich auch in Zukunft nichts ändern.
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