München ohne Tracht, das ist wie Weißwürste ohne Senf: unmöglich. Das weiß auch Alexandra von Frankenberg. Die Modedesignerin gründete 2010 das Dirndl-Label „Amsel Fashion“, das für zauberhaft-traditionelle Tracht mit modernem Dreh steht.
Wie sind Sie zur Tracht gekommen?
Ich bin Münchnerin und habe als Kind schon immer Dirndl getragen. Das ist für mich nichts Außergewöhnliches. Dass ich aber nach dem Modestudium ein Trachtenlabel aufmache, das hätte ich mir nie träumen lassen. Da bin ich irgendwie reingerutscht!
Warum der Name Amsel?
Das ist mein Spitzname. Mein Ex-Freund hat ihn mir gegeben, weil ich so viel rede. Zwitscher, zwitscher – wie ein Vogel.
Ist die Amsel auch auf Ihren Entwürfen zu finden?
Nur zum Teil. Das Amsel-Dirndl erkennt man aber auch an den zweifarbigen Schürzenbändern und an den Blümchen am Ausschnitt. Und an den Stoffen: Wir benutzten von Anfang an Möbelstoffe, denn da gibt es schöne Muster und sie sind robust. Da geht auch so schnell kein Brandloch rein. Mittlerweile haben wir aber aufgestockt auf Leinen und Seide und klassische Bekleidungs-Baumwolle.
Was ist so toll am Dirndl?
Egal, wie alt man ist, wie dick, wie klein, wie groß: Mit einem Dirndl sieht man immer angezogen und gut aus.
In den letzten Jahren boomt die Tracht. Warum?
Bio, selbst gemacht, regional: Dieser Gedanke ist nicht nur beim Essen, sondern auch in der Mode zurückgekehrt. Die Menschen besinnen sich wieder mehr auf Traditionen.
Muss ein Dirndl also aussehen wie vor 100 Jahren?
Man muss ja nicht alles kaputt machen und verfälschen. Aber es muss moderner und jünger werden. Wenn man die Tracht in dieser angestaubten Vereinswelt lässt, stirbt sie aus.
Gibt es für Sie ein No-Go in Sachen Tracht?
Es darf nur nicht nach Fasching aussehen! Vor ein paar Jahren gab es diese Mini-Dirndl mit ganz viel Chichi, Plastik, Glitzer. Das hat dann nichts mehr mit guter Tradition zu tun.
Welches Gefühl gibt Tracht einem, sobald man hineinschlüpft?
Sie ist wie eine Schuluniform: Sie signalisiert Zusammengehörigkeit. Niemand wird dafür diskriminiert, was er hat oder was nicht. Es geht nur um den Menschen.
Worauf sollte man beim Kauf achten, um möglichst lange Freude an einem Dirndl zu haben?
Da würde ich ein Baumwoll-Dirndl in einer schönen Farbkombination wählen, bei dem ich ab und an die Schürze austausche. Das kann man ewig tragen, sowohl in der Stadt, als auch bei einer Hochzeit auf dem Land.
Was macht ein gut geschnittenes Dirndl aus?
Die Taille muss auf der richtigen Höhe sein, die Schulterpartie sitzen, es darf keine Falten werfen und nicht zu eng sein – gerade an der Brust. Das Dekolletee muss umschmeichelt werden! Außerdem sollte es mindestens eine 70er-Länge haben, also übers Knie gehen. Und genug Nahtzugaben haben, damit man es immer wieder weiter machen kann.
Und wie muss eine stilechte Lederhose aussehen?
Eine kurze Hirschlederne ist ein Muss, da hat man etwas Ordentliches, die hält ein Leben lang. Wenn man sich die nicht leisten will, dann lieber Jeans, Hemd und Janker.
Verraten Sie uns Ihre Trachten-Geheimtipps in München?
Eine Institution in München ist der Secondhand-Shop „Holareidulijö“ in der Schellingstraße 88, der hat noch die ganz alten Lederhosen. Bei „Vintage Love“ in der Frauenstraße 22 gibt es zur Wiesn-Saison tolle Vintage-Dirndl. Und natürlich unser Concept Store „Amsel & Friends“ (Adalbertstraße 14), wo man nicht nur unsere Kollektion bekommt, sondern auch andere junge Designer alles rund um den alpinen Lifestyle verkaufen.
Welche Rolle spielt Tracht für München?
Es ist wichtig für den Münchner, seine Kultur auch mit der Kleidung ausdrücken zu können. Da sind wir stolz drauf!
Das günstigste Amsel-Dirndl kostet 399 Euro. Warum sollte man in ein hochpreisiges Kleid investieren, wenn es doch am Hauptbahnhof Komplett-Outfits für 30 Euro gibt?
Es lohnt sich natürlich nicht für einen Tourist, der einmal aufs Oktoberfest geht, ein teures Dirndl zu kaufen. Da sind diese Merchandising-Produkte auch vollkommen in Ordnung. Doch wenn ich vorhabe, es zu mehreren Gelegenheiten zu tragen, dann lohnt es sich, etwas Geld zu investieren.