Reisen in Europa als Transfrau

Ein Interview mit Gábi Furst🎙

Wir hatten das Vergnügen, ein aufschlussreiches Gespräch mit Gábi Furst zu führen, die uns Einblicke in ihre Erfahrungen als trans Reisende gab. 

Gábi ist eine unabhängige Journalistin, YouTuberin und Künstlerin für mobile Fotografie. Sie reist oft um die Welt und hat über 60 Länder besucht und in 8 davon gelebt. Heute pendelt sie zwischen Berlin und Brasilien. Als mobile Fotokünstlerin hat Gábi auch als Korrespondentin gearbeitet und aus dem Nahen Osten sowie 2018 aus Russland berichtet. Sie ist die Autorin von „Segundo Deserto“ (Zweite Wüste), einem unveröffentlichten Buch, das ihre einzigartigen globalen Erlebnisse widerspiegelt. Ihren YouTube-Kanal findet man unter: youtube.com/detodomundo.

LGBTQ Reisen: ein Porträt von Gabi an ihrem Schreibtisch, wie sie schreibt
Gabi, eine trans Journalistin, die völlig in ihre Arbeit vertieft ist und ihre Reise Schritt für Schritt in inspirierende Geschichten verwandelt

Kannst du uns deine Geschichte als trans Person erzählen und wie sie dich geprägt hat? 

Gábi: Mich als trans zu identifizieren, hat mein Leben wirklich verändert, weil ich mich nun im Einklang mit dem fühle, was ich denke, was in meiner Erinnerung ist, was ich erwarte und wer ich heute bin. Es tut gut, als trans Person anerkannt zu werden. Es hat meine Sicht auf die Welt, meine Arbeit und mein Bestreben, etwas für den Planeten zu tun, verändert. Viele Menschen haben Angst, ihre Transition zu bereuen oder Teile davon, aber niemand bleibt gleich; wir verändern uns ständig. Die Anzahl der Menschen, die ihre Entscheidung bereuen, ist sehr gering. Heute muss man, um als trans zu gelten, keine Operationen am Körper vornehmen lassen. Wichtig ist, sich als transsexuell zu identifizieren – also anders zu fühlen, als bei der Geburt zugewiesen wurde. 

Welche wichtigen Momente in deiner Reise haben dein Leben besonders beeinflusst? 

Als Journalistin war es sehr wichtig für mich, einen YouTube-Kanal zu starten. Unabhängig von der Anzahl der Zuschauer war es bedeutend, meine Gefühle festzuhalten und zu teilen und gleichzeitig die Schwierigkeiten vieler Menschen zu sehen. Ein weiteres Highlight war die Laser-Haarentfernung im Gesicht, meine Kleiderwahl, der Gebrauch von Make-up und Accessoires, Gespräche mit Menschen auf der Straße und die Stärke, mit der ich mich öffentlich präsentiere, um mich vor Belästigung zu schützen. 

Hast du deine offiziellen Dokumente an deine Identität angepasst? Wie war das für dich?  

Es ist schwer, das Gefühl vollständig zu beschreiben, da sich nicht jeder als trans identifiziert. Doch es ist leicht zu erklären: Jeder Mensch identifiziert sich irgendwie mit seinem Gefühl. Schon etwas so Einfaches wie ein paar Buchstaben oder eine kleine Handlung kann für trans Menschen viel bedeuten und ist letztlich das Ergebnis jahrelanger Kämpfe. Heute geht es darum, die nötigen Papiere einzureichen, einige Prozeduren durchzugehen und den Namen zu ändern. Die Aktualisierung meiner Dokumente und die Änderung von Namen und Geschlecht sind sehr wichtig, weil sie offiziell widerspiegeln, wer ich bin. Es auf Papier zu haben, ist entscheidend, weil es alles offiziell macht. Jetzt kann ich problemlos Hosen, Röcke oder Kleider tragen und wissen: Ja, ich bin offiziell feminin und heiße offiziell Gabi. Davor fühlte es sich an, als ob man uns ignorierte, als wären es nur Annahmen. Doch es gibt Gesetze, Rechte und Regelungen, die diesen Teil der Bevölkerung schützen. 

Hast du positive Erfahrungen beim Reisen als trans Person gemacht? 

Kleine Gesten, durch die ich mich wie zu Hause fühle. Immer dann, wenn ich wie jeder andere behandelt werde – sei es vom Busfahrer, Hotelpersonal oder durch die Hilfe von jemandem – passiert es. Es ist immer schön, sich sicher zu fühlen und normal behandelt zu werden. Verstehen zu lernen, dass trans zu sein kein Problem ist, ist wichtig, aber trans Menschen stehen oft vor weitaus größeren Problemen als andere marginalisierte Gruppen. Viele hatten kein Zuhause, und jede Erfahrung in ein Zuhause-Gefühl zu verwandeln, ist ein Geschenk. Es geht darum, gemeinsam für Fortschritt zu arbeiten, und hier kommt die Inklusion von trans Menschen ins Spiel. Viele trans Personen haben keine öffentlichen romantischen Beziehungen oder wurden zu Hause nicht akzeptiert, was oft zu Schwierigkeiten führt. Aber das bedeutet nicht, dass trans zu sein das Problem ist – es geht darum, die Realität des Lebens dieser Person zu verstehen. 

Welche Herausforderungen hast du beim Reisen oder in Hotels erlebt und wie bist du damit umgegangen? Hast du dich jemals unsicher gefühlt? 

Ich habe in über 60 Ländern gereist und bin Herausforderungen direkt bei der Ankunft begegnet: an Flughäfen, in Hotels und anderen Orten. Probleme mit einem Namen, der nicht übereinstimmt, Fotos, die anders aussehen, oder die Trennung von Frauen- und Männerbädern. In Gemeinschaftsräumen wie Küchen haben manche sogar gesagt: “Ich spreche nicht mit dir” oder “Ich gehe auf Leute wie dich nicht zu.” Diese Herausforderungen erlebe ich immer noch. Umso mehr schätze ich, dass MEININGER Hotels, ein LGBTQ+ freundliches Hotel, Schritte unternimmt, um diese Situation zu verbessern. 

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Das MEININGER-Team hängt die neue Progress Pride-Flagge auf – ein Symbol für unser Engagement für Vielfalt, Inklusion und dafür, alle mit offenen Armen willkommen zu heißen

Gibt es Orte, die sich für dich besonders einladend und inklusiv anfühlen? 

Für sicheres Reisen für Transfrauen in Europa ist Paris ein Ort, an dem ich mich sehr willkommen fühle, dank seiner Vielfalt. Ähnlich wie Amsterdam, eines der besten LGBTQ transgenderfreundlichen Reiseziele in Europa, ist es eine magische Stadt, in der Menschen aus aller Welt leben und zu Besuch sind. Es ist auch wichtig, Orte außerhalb Europas zu erwähnen. Viele zögern, außerhalb der Grenzen zu reisen, aber werden oft herzlich empfangen. Tunesien hat mich zum Beispiel sehr fasziniert! Ich habe mich an bestimmte Richtlinien gehalten, da nicht alle LGBTQ+ Rechte dort garantiert sind, aber ich habe mich sicher gefühlt und eine wunderbare Gelegenheit gehabt, dieses nordafrikanische Land kennenzulernen. 

MEININGER Tipp: Wenn du auf der Suche nach mehr Tipps zu LGBTQ+-freundlichen Orten in Amsterdam bist, schau dir unseren Gay Amsterdam Guide an. 

Hast du Reisetipps oder ein Lieblingsland? 

Ein Reisetipp für Transfrauen und alle Reisenden ist, die eigene Persönlichkeit nicht zu verlieren – kleide dich schön und in deinem Stil, aber übertreibe es nicht mit dem Gepäck. Egal wie kalt es ist, nimm nur ein oder zwei Jacken mit und vermeide Überpacken. Reisen sollte leicht sein, wie dein Gepäck. Ein Lieblingsort? Schwer zu sagen, aber ich mag die Berge und das Meer. Die Niederlande finde ich toll wegen der Vielfalt: Strände, Städte, Hügel und die reiche Kultur. Belgien ist ähnlich vielfältig und noch recht unterschätzt. 

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Eine klassische niederländische Landschaft, die Gabi liebt – wo pulsierende Städte, ruhige Strände, sanfte Hügel und eine reiche lokale Kultur aufeinandertreffe

Kannst du ein Beispiel nennen, bei dem du dich in den Medien gut repräsentiert gefühlt hast?

Ich schätze Filme, Serien, politische Persönlichkeiten, Influencer und digitale Medien, die trans Erfahrungen authentisch darstellen – vor allem, wenn trans Menschen ihre eigenen Geschichten erzählen, anstatt dass andere trans Rollen spielen. Diese Art der Repräsentation gibt mir Hoffnung, weil sie zeigt, dass es möglich ist, viele der Herausforderungen zu überwinden, denen wir gegenüberstehen, wie Sichtbarkeit zu erlangen, in bestimmten Räumen präsent zu sein und zu beweisen, dass wir in der Lage sind, zur Gesellschaft beizutragen. Unsere Agenda ist breit gefächert und umfasst Frauen, Menschen aus marginalisierten Bereichen, indigene Völker und People of Color. Diese geteilten Erfahrungen machen es unerlässlich, dass wir unsere eigenen Geschichten erzählen und gezielt Verbündete suchen, insbesondere über soziale Medien. 

Welche Veränderungen würdest du in der Reise- und Hotelbranche gerne sehen, um die trans Community besser zu repräsentieren und zu unterstützen?  

Es gibt weltweit Studien, die zeigen, dass trans Menschen zunehmend willkommen geheißen werden. Doch etwa 80 % sind immer noch in der Sexarbeit tätig, was oft zu Verwechslungen zwischen Beruf, Identität, Geschlecht und Orientierung führt. Es ist wichtig, daran zu denken, dass trans Menschen unabhängig von ihrer Arbeit Würde und Respekt verdienen. 

Ein bedeutender Fortschritt wäre die Einführung von genderinklusiven Bädern oder Einrichtungen, die nicht nach Geschlecht trennen, sondern sich auf individuelle Bedürfnisse konzentrieren, wie zum Beispiel Toiletten für Menschen, die stehen oder sitzen. Das, zusammen mit gemischten Bereichen, würde eine einladendere Umgebung für alle schaffen. 

Wie können andere Reisende und Verbündete eine inklusivere und unterstützendere Umgebung für trans Reisende schaffen? 

Für uns trans Menschen können traditionelle Familienumfelder, die eben stark auf Vater, Mutter und Kinder ausgerichtet sind, daher oft ziemlich unterdrückend wirken. Besonders dann, wenn wenig Verständnis oder Offenheit für andere Lebensformen vorhanden ist. In diesen Räumen werden wir oft zum Ziel von Spott, Witzen oder unangenehmen Blicken. Solche Umfelder können schädlich sein, weil trans Menschen als Außenseiter gesehen werden, als etwas, das nicht in die traditionelle Familienstruktur passt oder sogar als Bedrohung dafür. Offenere und inklusivere Umgebungen zu schaffen ist wichtig, damit wir uns nicht ausgegrenzt fühlen. Die Gesellschaft wird lange brauchen, um diese Akzeptanz vollständig zu entwickeln, aber es geht darum, die natürliche Vielfalt der Welt zu erkennen, zu der auch trans Menschen gehören. Es geht nicht nur um Männer und Frauen, wie einige religiöse Texte es darstellen – Spiritualität und Gesellschaft sind viel komplexer. Räume, die nicht alles in zwei Kategorien – Mann und Frau – aufteilen, fördern diese Vielfalt. Wie schon erwähnt, könnten Toiletten einfach als “für Stehende” oder “für Sitzende” gekennzeichnet werden, und Küchenräume könnten für alle zugänglich sein. Solche kleinen Details machen einen großen Unterschied, sei es am Hoteleingang, bei Sicherheitsmaßnahmen oder wie Menschen dich basierend auf deinem Foto akzeptieren. 

Was denkst du über Pinkwashing? 

Pinkwashing ist nicht cool, weil es eine Bewegung ausnutzt, um Aufmerksamkeit zu erregen und Unternehmen gut dastehen zu lassen, ohne tatsächlich die LGBTQ+ Community zu unterstützen. Es ist oberflächlich, und wenn es hart auf hart kommt, ziehen sich diese Unternehmen oft zurück. LGBTQ+ Rechte sind Menschenrechte und sollten nicht als Gefälligkeit behandelt werden. Menschen verdienen Respekt, Akzeptanz und echte Inklusion. Pinkwashing bietet das nicht, es verwendet lediglich Symbole, wie zum Beispiel eine Regenbogenflagge an der Tür, um Kunden anzulocken. Was wirklich zählt, ist echter Wandel – vom Arbeitgeber über den Vorgesetzten bis hin zum Eigentümer und anderen Angestellten. Alle sollten diese Werte aufrichtig vertreten, und das nicht nur für den Schein. 

Welche Botschaft möchtest du über die Bedeutung von Inklusion und Vielfalt teilen? 

Inklusion gab es schon immer, aber es ist entscheidend, sie in den Mittelpunkt zu stellen. Viel zu lange haben wir über Themen wie den Klimawandel, Hunger und Politik gesprochen, ohne alle Menschen vollständig einzubeziehen. Wenn wir Inklusion ernst nehmen, werden wir stärker und schaffen eine bessere Welt für alle, unabhängig von ihrer Spiritualität, ihren Überzeugungen oder ihrem kulturellen Hintergrund. Vielfalt ist seit jeher Teil der Menschheit, und wenn wir sie anerkennen, werden wir als Gemeinschaft stärker und geeinter. 

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